Such-Hinweise aus der Bibel
Wir leben hier in Frieden. Der Satz stimmt zumindest dann, wenn man mit Frieden die Abwesenheit von Krieg meint. In unseren Straßen schießen keine Soldaten auf Menschen. Es fallen keine Bomben auf unsere Hausdächer. Zum Glück ist das so. Doch auch das ist nicht mehr zu übersehen: Das gesellschaftliche Klima ist aufgeladen. Die Auseinandersetzungen zwischen manchen politischen Gruppen werden aggressiver bis zur Gewalttätigkeit. Die richtet sich auch in besonderer Weise gegen Nichtdeutsche. „Sie sagen: `Friede! Friede!´ Doch es ist kein Friede!“ (Jeremia 6,14). Da die Bibel selten etwas idealisiert, überliefert sie diese Diskrepanz zwischen Reden vom Frieden und dem in Frieden sein bereits in ihren Schriften. Der Dichter Erich Fried hat diese Diskrepanz auf seine Art aufgelöst: „Frieden ist, wenn den Kindern bei dem Wort Feind nichts mehr einfällt!“
Damit ist auch auf den Punkt gebracht, was in den Schriften der Bibel unter Frieden verstanden wird: Schalom ist das hebräische Wort für Frieden. Schalom ist der Friede, der in Gott schon Wirklichkeit ist. Dieser Wirklichkeit strebt die Welt von Gott her als Bestimmung zu. Schalom ist der Zustand, in dem auf allen Ebenen des Lebens Frieden gilt: zwischen Völkern, zwischen einzelnen Menschen, zwischen Mensch und Natur, innerhalb der Natur. Da gehören die Bilder vom „Wölfen und Lämmern, die beieinander liegen“ (Jesaja 11) dazu, die Bilder von dem Ende aller Gewalt - „Schwerter sollen Pflugscharen werden“ – (Micha 4), und die Bilder von Gerechtigkeit und Frieden, die sich küssen (Psalm 85). Kein Leben muss mehr für das Interesse eines anderen Lebens geopfert werden. Dabei ist die Gerechtigkeit Voraussetzung für diesen Frieden. Diesem Frieden soll die ganze Anstrengung der Menschen gelten. Darum gilt: Nachjagen! Nicht träge warten, dass er kommt. Sich nicht zufrieden geben mit „faulem Frieden“, der erkauft ist mit Waffenhandel oder durch Handels- verträge, die vor allem den jeweils eigenen Machtinteressen dienen. Politisch machbar ist dieser Frieden nicht allein aus Menschenverstand und Willen. Das wird deutlich in dem Jesus-Wort: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Joh 14,27).
Das Scheitern von Friedensbemühungen hat Jesus im Blick. Der Frieden, der in der Welt durch Waffen geschaffen wird und durch Wirtschaftssanktionen abgenötigt wird, ist noch weit weg von dem Frieden, der aus dem Geist Gottes kommt – Gottes Schalom. Doch weil dieser Geist schon in der Welt ist, gibt es einen Grund, sich stark zu machen und einzusetzen für diesen Frieden. Machbares enthält darum die Hoffnung, die größer ist als das schon Erreichte und nicht ruhen, sondern „nachjagen“ lässt.
Ursula Trippel